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> Feldpost
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Jahr: |
1914 |
Bemerkung: |
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ArtikelNr. |
9927 |
E-Mail
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Feldpost Franz Mehling, Kriegsgerichtsrat beim Stab der 3. Bayerischen Infanterie-Division, 1914
Konvolut von Feldpostbriefen und einem Tagebuch, Lothringen August_September 1914. Urheber ist der Jurist, Berufssoldat und damals Kriegsgerichtsrat Franz Mehling aus Landau in der Pfalz. Anbei ein Ledertäschchen mit wohl Glücksbringer.
Feldpost:
7.8.1914-13.9.1914: 28 Postkarten und 8 Briefe von der Front/Heimatfront an die Ehefrau in Landau.
7.8.1914, Saargmünd. Franz ist soeben in Lothringen angekommen, am 8.8. befindet er sich in Großtännchen.
11.8., Habedingen. "Überall herrscht unter den Soldaten eine große Begeisterung. .. Was die Arbeit betrifft, so weiß ich bis heute noch nicht recht, für was wir dabei sind, hoffentlich bleibt es so.“
18.8., Hellimer.
21.8., Mörchingen [Morhange]: "Liebster Schatz! Gestern war ein Ehrentag für unsere Division. Im großen Verband wurden überlegene Streitkräfte der Franzosen in die Flucht geschlagen, und gleich geht es wieder vor, hoffentlich bis nach Frankreich hinein. Darüber, wie es kommt, daß sich die Schlacht auf deutschem Boden abspielte, schreib ich dir bei ... im Briefe..."
23.8., Parroy. "Stehe eben an der Grenze, an der die Franzosen in der richtigen Ansicht, daß die Grenze nicht die gleiche bleibt, unsere Grenzpfähle abgeschlagen haben. 7.15 vormittags. Die Nacht haben wir im Wagen verbracht. "
26.8.: "Die Schlacht von Lunéville dauert, geht schon in den 4. Tag. Es ist ein harter Kampf, hoffentlich geht es gut für uns aus. Lunéville, eine Stadt von 60000 Einwohnern, wurde gegen Abend in Brand gesteckt, weil auf einen Offizier geschossen worden war.“
Post von Ehefrau Anna Mehling (Kaiserstr. 16, Landau), Vater Mehling aus Würzburg und anderen Verwandten, ca. 40 Schreiben 7.8.1914-14.9.1914. 3 der letzten Schreiben wurden nach Frankreich geschickt, tragen einen Vermerk in blauer Farbe "jetzt Garnison Landau".
8.8.: "Also bitte nimm dich mit Essen und Trinken zusammen, denk an Papas Warnungen und an seine Vorsichtsmaßregeln im Jahre 1870. ... Hast du schon vom Sieg bei Lüttich gehört? Hurrah unseren braven tapferen Soldaten. ..“
Tagebuch 20.8.1914-8.9.1914, liniertes Heft, 8°, kartoniert, ca. 120 Blatt (wovon ca. 20 mit Bleistift beschrieben), guter Zustand. Die Handschrift ist meist flüssig lesbar, der Text scheint in einem Zug geschrieben. Der Autor nennt seinen Namen nicht, aus Überlieferungszusammenhang ist jedoch sicher, dass es sich um den Stabsoffizier Franz Mehling handelt. Ende August 1914 steht er mit seiner Truppe im damals deutschen Teil von Lothringen.
"Donnerstag 20.August 1914. Herrlich brach der Tag an, der Tag, welcher der Ehrentag unserer Division werden sollte. Die .. des Tages war keine besonders angenehme, früh 1/2 5 Uhr wurden wir unsanft geweckt u. von den Quartiermachern des Armeeoberkommandos aus dem Schulhaus hinausgeworfen. Selbst der Lehrer mit seiner Frau u. 2 kleinen Kindern mußten ihr Haus verlassen, in welches die Geschäftsräume des Oberkommandos eingerichtet wurden. Um 1/2 7 morgens fuhr der Stab des Armeeoberkommandos in einer nicht enden wollenden Autokarawane in Hellimer ein. Kronprinz Rupprecht von Bayerns erkannten wir sofort, auch Prinz Georg soll dabei gewesen sein. ... Auf der Höhe von Liedersingen südöstlich von Mörchingen [Morhange] blitzt heftiges feindliches Geschützfeuer auf, das von unseren Batterien am Kanonenberg [?] bei Mörchingen erwidert wird.
Freitag 21. August 1914. Um 8 Uhr morgens wurde der Marsch über Mörchingen, Peringen, Habedingen, Burlioncourt nach Hampont angetreten. Schon bei Ka...beg bei Mörchingen werden die ersten Spuren der gestrigen Kämpfe bemerkbar. ... Auf dem Exerzierplatz von Mörchingen [Morhange IH] wurde bis 12 Uhr gerastet. ...
[22.8]. Auf dem Felde nördlich Maixe.. [nahe Arracourt] wird Halt gemacht. Das Feld zeigt uns die Schwere der vormittägigen Kämpfe, die Wirkung der französischen schweren Artillerie. An 8-10 Stellen sind Trichter von etwa 3m Tiefe u etwa 5m Durchmesser ausgehoben; das Feld ist mit Sprengstücken bis ca. 30cm Länge u. 8cm Breite übersät. Mehrere Angehörige des 22.Inf.Rgts. sind dieser Munition in schrecklicher Weise erlegen. Bei einem ist der Rumpf vorhanden, Kopf, Beine, Arme bzw. Hände liegen zerstreut umher. Um 5 Uhr wurden die Toten von den beiden Militärgeistlichen beerdigt. ... Gleich hinter Maixe ging es über den Marne-Rhein-Kanal u. dem nahen Lunéville entgegen. Pfarrer Kleinmann erzählt, daß 60 männliche männliche Burschen von Dalheim [heute Dalhain IH] wegen des Schießens auf deutsche Soldaten .. auf den Exerzierplatz Mörchingen verbracht wurden, wo die gefangenen Franzosen unter Bewachung der Komp. Preuß liegen. Hptm. Preuß ließ die Leute mit dem Gesicht runter auf dem Boden liegen, wer sich erhebt oder ein Wort spricht, wird erschossen. [Am 20.8.1914 erschossen Angehörige des 22. bayerischen IR in einer Vergeltungsaktion französische Krankenschwestern und Sanitäter in Dalhain. Am 21. evakuierten die Deutschen den Ort, die ca. 60 Männer wurden bald nach der beschriebenen Nacht in Morhange in Güterwaggons nach Deutschland (Zweibrücken) gefahren; nur wenige durften nach Lothringen zurückkehren, die meisten wurden nach dem Dezember 1915 in das deutsche Militär eingezogen IH] ....
[2.9.1918] Während des Vormittages wurde die Kirche vom Emberménil als Munitionsdepot mit 21cm u. 10cm Granaten belegt. Mittags 12 Uhr fuhren wir weg .. nach Lacouste [?], wo sich der Div. Stab befand. ... Montag 7. September 1914. Larousee [?] Heute trat zum ersten Mal ein Feldkriegsgericht zur Beschlussfassung über eine Strafzeit... zusammen. ..." [Einen Tag später wurde Franz zurück nach Landau beordert, wo er den Rest des Krieges verbringen sollte].
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