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Jahr: |
ab ca 1918 |
Bemerkung: |
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ArtikelNr. |
9621 |
E-Mail
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Leopold Hahn (1894-1970), Konvolut zum Künstler, Krailling bei München
- Buch: Von der Wiege bis zum Grabe, ein Beitrag zur sächsischen Volkskunst ... hrsgg.v. Oskar Seyffert. Deckel: „Gewerbebuchhandlung Ernst Schürmann, Dresden“. Titelei: Verlag Gerlach & Wiedling, Wien o.J. (1920). 69 (statt 72) farbige und s-w-Tafeln, 6 Textseiten, gr.8°, kartoniert, Einband fehlt (ausser Vorderdeckel), 3 Tafeln fehlen, vorne fleckig, sonst gut. Titelei verso innen mit Stempel der „K.B. Kunstgewerbeschule Nürnberg“ (das „K“ wurde indes von Hand durch ein „x“ übermalt). Darüber handschr. Widmung: Dem Schüler Herrn Leopold Hahn aus Heufurt als Preis für die erfolgreiche Bearbeitung einer Schulwettaufgabe zuerkannt. Nürnberg, den 14. Juli 1920, Direktion der Kunstgewerbeschule C. Petzer“.
- Buch: Max Picard, Mittelalterliche Holzfiguren (Rentsch Vlg., München 1920).
- Blatt mit Bleistift-Handzeichnungen von menschlichen Ohren, signiert „L.H.“, undat. (um 1918).
- Blatt mit handschr. Notizen zum Arbeiten mit Ton, undat. (um 1930).
- Sterbebild, dat. 1970.
- Gruppenbild mit Familie der Gattin, um 1937, Hahn rechts außen.
- Ansichtskarten und Drucke von befreundeten Künstlern: Georg Gschwendtner (Holzschnitt 1952, AK 1939), Hans Luidl (?, AK 1960), Georg Busch (s-w-Abzug einer Plastik, um 1940), Fritz Endelt (Druck 1936).
- Ledermappe mit ca. 100 Ansichtskarten und s-w-Abzügen, gezeigt sind (meist religiöse) Plastiken und Schnitzarbeiten. Urheber Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Bayer. Landesamt f. Denkmalpflege etcpp., AK fast immer ungelaufen.
Zu Leopold Hahn existiert eine von Sohn Bernward 2013 verfasste ausführliche Monographie, erschienen im Selbstverlag (und glücklicherweise in der Bayerischen Staatsbibliothek zu München archiviert): Leopold Hahn, ein Leben für die Kunst (Neuss 2013).
Leopold Hahn (geb. 1894 in Heufurt / Fladungen, gest. 1970 in Krailling). 1908-1911 Schreinerlehre, 1912-1914 Arbeit als Schreinergeselle. Am 15.12.1914 eingezogen nach Germersheim zum „Ers.-Batl., 2. Pion. Batl., 3. Kompanie“ (Hahn S. 11, Zitat nach dem Wehrpass). „Am Sonntag, dem 12.9.1915, zwischen zehn und zwölf Uhr, erlitt er in den Vogesen durch einen Querschläger einer Handgranate eine Hirnverletzung. Ein Splitter blieb im Stirnknochen stecken. Er durchlief Lazarette in Freiburg und Radolfszell. .... Obwohl schwerstverletzt, genas er relativ schnell und wurde als Kriegsschwerversehrter am 29.2.1916 aus dem Heer entlassen.“ Eine erneute Musterung im April 1917 befand ihn erneut für nicht wehrfähig. Aber: „..... Die Kriegsverletzung machte ihm schwer zu schaffen und er musste erkennen, dass er der anstrengenden Berufsarbeit eines Schreiners körperlich ... nicht mehr gewachsen war. ...“ (Hahn S. 11). So wurde Hahn zum künstlerischen Bildhauer, der mit Grabdenkmälern, Portraitbüsten, Kriegsdenkmälern sowie kirchlicher Plastik sich und seine Familie zu ernähren trachtete. Jahrzehntelang (sicher bis zum Ruhestand, wohl lebenslang) erhielt er zudem eine Rente als „Kriegshirnverletzter“. Hahn heiratete 1936 und hatte Glück mit der Wahl seiner Frau, denn: „Bis in ein hohes Lebensalter brachte sie sogar immer wieder den überwiegend größeren Anteil am Familieneinkommen auf.“ (Hahn S. 57). Seine Kopfverletzung war so gravierend, dass er „sehr viel Ruhe bei der Arbeit und die notwendigen Erholungspausen benötigte“ (so bzgl. des Jahres 1951 in Hahn S. 89). In einem „Antrag für ein Existenz-Aufbaudarlehen“ schreibt Hahn 1951: „Durch die Kopfverletzung bin ich äußerst nervös und immer wieder schweren Depressionen ausgeliefert, wurde sehr menschenscheu und gehemmt. ... Meine Nervosität äußerst sich speziell bei Verhandlungen in Gliederzittern, sprachlichen Hemmungen, mangelnder Konzentration... Es ist mir unmöglich, u.a. bei Föhn zu arbeiten, Gewitter und Wetterwechsel bringen mir chronische Kopfschmerzen, die mich arbeitsunfähig machen. Ich bin infolge der Verletzung gehbehindert, ermüde sehr rasch im Stehen. ... Seit meiner Verletzung habe ich keine Direktion von Darm und Blase. ... Mein Leiden zwingt mich immer wieder, mich zurückzuziehen“ (Hahn S. 90).
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