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kraetzchen1915.jpg

Jahr: 1915
Bemerkung:
ArtikelNr. 9399

 

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Krätzchen Bayern / Feldmütze M 1910. Mit Einschussloch, Vogesen 12.9.1915

Feldmütze M 1910, innen aufgedruckt „5“ und andere Schriftzeichen (die nicht deutlich erkennbar sind). Dazu handschriftlich der Nachname des Trägers. Gebrauchsspuren, Einschussloch.

Beiliegend ein Zettel mit handschriftlichem Vermerk: „Diese Mütze hat Grossvater Leop. H... 1894-1970 getragen, als er 1915 verwundet wurde. Er hat sie selbst aufgehoben alle Jahre, siehe vorne rechts von den Kokarden am schwarzen Band Einschuss des Granatsplitters (Hirnverletzung).“

Zum späteren Biildhauer Leopold H. existiert eine von Sohn Bernward 2013 verfasste ausführliche Monographie, erschienen im Selbstverlag (und glücklicherweise in der Bayerischen Staatsbibliothek zu München archiviert): Leopold H..., ein Leben für die Kunst (Neuss 2013).

Leopold H. (geb. 1894 in Heufurt / Fladungen, gest. 1970 in Krailling) wurde nach Schreinerlehre und kurzer Zeit der Berufsausübung am 15.12.1914 eingezogen nach Germersheim zum „Ers.-Batl., 2. Pion. Batl., 3. Kompanie“ (S. 11, Zitat nach dem Wehrpass). „Am Sonntag, dem 12.9.1915, zwischen zehn und zwölf Uhr, erlitt er in den Vogesen durch einen Querschläger einer Handgranate eine Hirnverletzung. Ein Splitter blieb im Stirnknochen stecken. Er durchlief Lazarette in Freiburg und Radolfszell. .... Obwohl schwerstverletzt, genas er relativ schnell und wurde als Kriegsschwerversehrter am 29.2.1916 aus dem Heer entlassen.“ Eine erneute Musterung im April 1917 befand ihn erneut für nicht wehrfähig. Aber: „..... Die Kriegsverletzung machte ihm schwer zu schaffen und er musste erkennen, dass er der anstrengenden Berufsarbeit eines Schreiners körperlich ... nicht mehr gewachsen war. ...“ (S. 11). So wurde H. zum künstlerischen Bildhauer, der mit Grabdenkmälern, Portraitbüsten, Kriegsdenkmälern sowie kirchlicher Plastik sich und seine Familie zu ernähren trachtete. Jahrzehntelang (sicher bis zur Rente, wohl lebenslang) erhielt er zudem eine Rente als „Kriegshirnverletzter“. H. heiratete 1936 und hatte Glück mit der Wahl seiner Frau, denn: „Bis in ein hohes Lebensalter brachte sie sogar immer wieder den überwiegend größeren Anteil am Familieneinkommen auf.“ (S. 57).

Die Verletzung war so gravierend, dass H. stark an der Arbeitsausübung gehindert war. In einem „Antrag für ein Existenz-Aufbaudarlehen“ schreibt er 1951: „Durch die Kopfverletzung bin ich äußerst nervös und immer wieder schweren Depressionen ausgeliefert, wurde sehr menschenscheu und gehemmt. ... Meine Nervosität äußerst sich speziell bei Verhandlungen in Gliederzittern, sprachlichen Hemmungen, mangelnder Konzentration... Es ist mir unmöglich, u.a. bei Föhn zu arbeiten, Gewitter und Wetterwechsel bringen mir chronische Kopfschmerzen, die mich arbeitsunfähig machen. Ich bin infolge der Verletzung gehbehindert, ermüde sehr rasch im Stehen. ... Seit meiner Verletzung habe ich keine Direktion von Darm und lase. ... Mein Leiden zwingt mich immer wieder, mich zurückzuziehen“ (S. 90).

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