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> 1939-1945
> unveroeffentlichte Manuskripte
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Jahr: |
um 2000 |
Bemerkung: |
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ArtikelNr. |
7096 |
E-Mail
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Erinnerungen eines Waffen-SS-Angehörigen der Division „Das Reich“, Privatdruck um 2000. KZ bei Ellwangen
Privatdruck, 4°, Ringbindung, kartoniert, 33 einseitig bedruckte Blatt, guter Zustand.
Es handelt sich um die Erinnerung des 1925 bei Dresden geborenen Fritz B. Dieser erlebte den Krieg bei der Waffen-SS. Er war indes nur wenige Wochen im Gefecht, wurde bei 2 Kampfeinsätzen jeweils nach kurzer Zeit verwundet. So durchlebte er die Jahre von 1942 bis 1945 zumeist in der Heimat oder der Etappe, nämlich als Ausbilder und bei Lehrgängen bzw. der Offiziersschule. Dennoch sind die Erinnerungen von einem gewissen Quellenwert, denn in wenigen Zeilen berichtet B. sowohl von einem Besuch im KZ Buchenwald als auch vom Wachdienst in einem KZ-Aussenlager irgendwo in Württemberg nahe Ellwangen an der Jagst.
Anfang 1942 meldet sich Fritz zur Waffen-SS, er kommt zu den Kradschützen und wird in Ellwangen und der Lüneburger Heide ausgebildet. Ende August 1942 verlegt man ihn zur Division Das Reich nach Le Mans, die dort auf einem Truppenübungsplatz liegt. Im November 1942 nimmt B. an der Besetzung Vichy-Frankreichs teil. Im Januar 1943 kommt er an die Ostfront (nahe Poltawa), bereits im Februar wird er am Arm verwundet und in ein Lazarett in Ohrdruf verlegt.
Auf S. 10 heißt es: „Da ich ja ziemlich dreckig war, wurde ich mit dem Auto nach Weimar Buchenwald ins KZ zur Überholung gebracht. Das war der erste Kontakt mit einem KZ. In der Schneiderei bekam ich neue Uniformteile, die alten wurden soweit möglich gereinigt und gebügelt und Kennzeichen für die Beförderung zum Oberschützen angebracht. ... Der mich bedienende KZ-Schneider war außerordentlich freundlich und hat mich als Opfer aus dem Osten bedauert. Er meinte, daß es ihm dagegen sehr gut ginge und er keine Beschwerden hätte. Ich hatte keinen Grund und keine Gelegenheit, tiefer durchzublicken. Mir fiel nur auf, als ich auf der Lagerstraße zum Auto ging, dass vorbeikommende Insassen bei meinem Anblick die Kappen herunterrissen und zackig grüßten, was ich als lächerlich empfand. Von der Anlage und den Baracken hatte ich einen sehr guten Eindruck. Die Wege waren wie geleckt.“ Nach der Genesung erlebt B. erneut ein KZ (S.11): „In der Genesungskompanie [in Ellwangen] wurden die Soldaten mit zunehmender Heilung zu verschiedenen Wachdiensten eingeteilt. So befand ich mich eines Tages vor einem Stacheldrahtverhau und hatte den Auftrag, keinen herauszulassen. Nach 2mal Anruf sollte bei evtl. Flucht geschossen werden. Die Anlage war ein Arbeitslager, die Menschen waren in umliegenden Fabriken als Arbeiter eingesetzt. Die Anlage war wie eine Fußball-Arena. Unten standen Baracken, zu denen eine breite Straße führte. Nach allen Seiten waren Grastribünen angesät und oben der Zaun mit einem kleinen Weg dahinter, der für das Wachpersonal war. Die Posten standen 2 Stunden mit Blick über den 40% abfallenden Hang zu den Baracken. .. Wir blieben auf den festgelegten Plätzen und hatten keine Gelegenheit in das Innere des Lagers zu kommen bzw. mit den Leuten ein Gespräch anzufangen. Mit der Zeit wurde einiges klar. Die Zusammensetzung war leicht an der mit farbigen Flecken gekennzeichneten gestreiften Montur zu erkennen. Es fiel sofort auf, wie beim Heraustreten die sogen. Kapos, mit einem grünen Dreieck gekennzeichnet, die Leute richtig in Reih und Glied brachten. Gegen die Art dieser Leute waren unsere Ausbilder die reinsten Waisenknaben. Der Drill war übertrieben und beschämend. ... Ich war sehr froh, als ich zum Lehrgang musste ....“
Nach diversen Schulungen wird er am 15.7. zum Unterscharführer ernannt, Ende August nach Lettland als Ausbilder versetzt. Im Juli 1944 kommt er nach Sadowa zum Offiziers-Lehrgang, dann nach Warschau, dann auf die Junkerschule nach Prag. Mitte August 1944 wird in Prag die „Kampfgruppe Schill“ aufgestellt, um die Slowakei zu sichern. B. wird zu Kampftruppe beordert und erlebt die nächsten Monate in der Slowakei. In der Niederen Tatra gelingt es, auf dem Berg Dumbier, eine britischen Agenten festzunehmen. Im April 1945 versetzt man ihn als Ordonnanzoffizier zu einer Einheit, die bei Wien im Kampf steht, er wird Untersturmführer und in Oberwölblingen bei Krems am 18.4. erneut verwundet. Das Kriegsende erlebt er in einem RAD-Lager, welches zum Lazarett umfunktioniert wurde, ab 30.6. liegt er denn im Kriegsgefangenenlager Altheim. Da er SS-Angehöriger war (und eines Diebstahls überführt wird), verlegt man ihn ins ehemalige KZ Ebensee und im Januar 1946 ins ehemalige KZ Dachau (S.24): „Nach meiner Einstufung als Verbrecher, also freiwilliger SS-Mann, Offizier, goldenes HJ-Abzeichen, kam ich gleich in das sogen. Sonderlager, das innerhalb des KZ nochmals mit Stacheldraht unterteilt war. Jetzt kamen wir natürlich mit den Parteigrößen in Berührung. ... Von den Parteigrößen ist mir noch besonders der Staatsminister Meissner, ein liebenswerter älterer Herr, in Erinnerung, mit dem ich ab und zu mal Schach spielen durfte. ...“ Im Frühjahr 1947 wird B. dann entlassen.
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