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Jahr: 1943-1944
Bemerkung:
ArtikelNr. 7072

 

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Neue Ordnung / Donau-Adria Woche. Kroatische Wochenschrift, 22 Ausgaben 1943-1944. Hermann Proebst, Süddeutsche Zeitung.

22 Ausgaben des Periodikums. Neue Ordnung (ab 1944 im Titel noch: „Donau Adria Woche“), Kroatische Wochenschrift für europäische Politik, Wirtschaft und Kultur. Erschienen in deutscher Sprache in Zagreb seit 1941. Europa Verlag. Herausgeber Hermann Proebst. Schriftleiter Teodor von Uzorinac. Je Zeitung, gr.4°, 16 Seiten, s-w-Abb., lichtrandig, Falzkanten teils brüchig und mit minimen Läsuren, partiell oben minime Randläsuren, stockfleckig, leicht tabakrüchig, sonst gut. Die Bilder auf den Titelseiten zeigen oft kroatisches Ustascha-Militär, sonst scheint der Inhalt nicht sehr auf Kroatien bezogen.
Konvolut enthält die Nummern 75 (22.12.1942), 91 (2.5.1943), 119-120 (14/21.11.1943, Doppelnummer mit Beilage), 123 (12.12.1943), 124 (19.12.1943), 127 (9.1.1944), 130 (30.1.1944), 131 (6.2.1944), 132/133 (13.-20.2.1944), 137 (19.3.1944), 139 (2.4.1944), 140 (9.4.1944, „Die Staatsgesinnung muss siegen. Poglavnik: Wir haben nie gezweifelt und beginnen jetzt die Früchte zu ernten“), 146 (21.5.1944), 147 (28.5.1944), 148 (4.6.1944), 152 (2.7.1944, Seiten teils in 2 Hälften, mit Kolumne „Dr. Mladen Lorkovic zur Invasion“), 153 (9.7.1944), 155 (23.7.1944), 157 (6.8.1944), 158 (13.8.1944), 163 (17.9.1944), 165 (8.10.1944).

Hermann Proebst war von 1960 bis 1970 Chefredakteur der SZ, seine Propagandatätigkeit während des Krieges thematisierten nach 1945 weder er noch seine Kollegen. Erst seit den letzten Jahren interessiert sich die Öffentlichkeit für die NS-Verstrickungen der deutschen Medienmänner der Nachkriegszeit.

Proebsts Beziehungen zu Kroatien begannen wohl bereits vor dem Kriege, er soll seit 1939 als deutscher Agent im Land tätig gewesen sein. Worin für das kämpfende Deutschland der Sinn einer deutschsprachigen Zeitung im kroatischsprechenden Kroatien liegen sollte, bleibt rätselhaft. Es steht zu vermuten, dass Proebst mit seiner Zeitung nicht nur die Stimmung in Kroatien festigen - sondern auch sein Leben vor dem Fronteinsatz bewahren wollte.

Die besondere Feigheit und Gewissenlosigkeit der deutschen Medienmänner in den letzten Kriegsjahren wird zu wenig betont: Um dem Kämpfen an der Front zu entgehen und sich „uk zu schreiben“, publizierten diese 1944-1945 bedenkenlos schauderhafte Durchhalte-Artikel, die zum freudigen Sterben aufforderten. Mittlerweile ist bekannt, dass in den letzten 10 Kriegsmonaten, also von Juli 1944 bis Anfang Mai 1945, ebenso viele deutsche Soldaten fielen, wie in allen Monaten seit 1939 zusammen. Eine Mitschuld von Proebst und Konsorten an dem militärisch sinnlosen Massensterben ist ebensowenig zu leugnen wie die Tatsache, dass sie sich vor ebenjenem beschworenen Kopfhinhalten erfolgreich gedrückt hatten. Nach 1945 vergaßen Proebst und co. blitzschnell sowohl die Hetze gegen Juden etc, als auch die skrupellose Propaganda zu Zeiten, in denen der Krieg bereits verloren war – und schärften erneut die Feder.

Dass jene unsauberen Herren die Medienlandschaft der Bundesrepublik bis in die 1970er-80er prägten, ist eine frustrierende Tatsache!

(c) Ingo Hugger  2020 | livre@cassiodor.com