Vivarium
> Deutschland 1933-1945
> Holocaust
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Jahr: |
1941 |
Bemerkung: |
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ArtikelNr. |
5462 |
E-Mail
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Reserve Polizei Bataillon 104, Hamburg, 1.8.1941. Autographen von 10 Offizieren.
Seite mit Widmung und Signaturen von 10 Offizieren des Polizeibataillons 104. Widmungsseite in Buch: Moeller, Richard: Russland, Wesen und Werden (Goldmann Vlg., Leipzig 1941, neue veränderte Auflage des Werkes „Von Rubrik bis Stalin“, 26.-40.Tsd., 8°, Leineneinband, s-w-Tafeln, 333 Seiten, berieben, stockfleckig, sonst gut). Das Buch ist ungelesen, hinten fand sich eine Verlagswerbepostkarte.
Auf dem vorderen Vorsatz eine Widmung in Schönschrift: „Zum Geburtstage gewidmet vom Offizierskorps des Res.Pol.Batl.104, Hamburg-Altona, 1.8.1941.“ Darunter die Signaturen von 10 Männern, nämlich des Bataillonskommandeurs (Paul-Gustav) Giebe und der 9 Offiziere. Die Männer geben alle ihre Dienstränge an.
Unterschrieben haben die Leutnants der Schutzpolizei Paul Stadie, Wisskopf, (Heinz) Knaack (welcher 1945 das Bandenkampfabzeichen in Silber verliehen bekam), Eckert (welcher 1945 beim Polizeibataillon Brixen diente), Rinne (Rimme?) und Krempin sowie die Oberleutnants Trummler (Trannder???), Raptur (Kaptur?) und Hauptmann Sommerming (Sommerwirg?).
Die im Osten verübten Untaten der Hamburger Polizeibataillone sind seit Christopher Browning und Stefan Klemp gut dokumentiert. Wohl die meisten Männer, welche sich hier handschriftlich verewigten, hatten im Osten zahlreiche Verbrechen verübt und miterlebt.
Passend zu dem wohl empfundenen politischen Sendungsbewusstsein der Schenker (oder des Beschenkten) wählten sie ein Werk über Rußland für das Geburtstagskind Paul-Gustav Giebe. Im Buch beschreibt Autor Müller die russische Geschichte als ein beständiges Schwanken zwischen Europa und Asien, ebenso sei die russische Volksseele durch diesen Umstand geprägt. Ereignisse, die sich nach 1918 in Rußland ereignet hatten, spart er indes vollkommen aus – was nicht wundert, da die umgearbeitete Neuauflage des erstmals im April 1939 gedruckten Titels im Februar 1941 erschien. Zu einem Zeitpunkt also, als Deutschland noch mit der Sowjetunion verbündet war und der weitere Weg der Geschichte höchst unklar schien.
In dem Buch „Nicht ermittelt, Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz, ein Handbuch“ von Stefan Klemp (Essen 2005) finden sich etliche Hinweise auf das Bataillon 104. Demnach (S.219) wurde die Truppe 1939 aufgestellt. Am 15.1.1940 rückte man nach Polen (Raum Lublin) aus, Kommandeur war Major Paul-Gustav Giebe. Dort sollen um die 100 Polen von Hinrichtungskommandos der Einheit erschossen worden sein. Auch Judentransporte wurden begleitet. Bis November 1940 war 104 in Polen stationiert, um dann in die Heimat kommandiert zu werden, wo man bis 1942 verblieb.
Paul Stadie war im Juni 1943 Komandeur der 1. Kompanie des 1. Bataillons des Polizei-Schützen-Regiments 31. In der Zeit befehltigte er seine Truppe beim Unternehmen „Cottbus“ in Weißrußland, bei dem zahlreiche Partisanen und Zivilisten ums Leben kamen (S.342). Nach 1945 wurde er Polizeihauptkommissar der Polizeidirektion Hamburg (Braunbuch 1968).
Ein Rudolf Eckert war im Oktober 1942 Kompanieführer im Polizeibataillon 306. Er wurde um 1970 vom Landgericht Frankfurt am Main wegen Teilnahme an einem 1942 erfolgten Massaker im Ghetto Pinsk verurteilt (S. 398).
Worin der Unterschied zwischen dem Polizei-Bataillon 104 und dem Reserve-Polizei-Bataillon 104 lag, konnte nicht eruiert werden.
(c) Ingo Hugger 2020 |
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