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> 1870-1871
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Jahr: |
1870-1871 |
Bemerkung: |
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ArtikelNr. |
4913 |
E-Mail
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Konvolut Feldpost 1870-1871, Offizier des 12. bayerischen IR an die Mutter.
Kleines Konvolut von Feldpostbriefen aus dem Krieg 1870/71.
Enthalten sind gesamt 6 Briefe, davon 3 mit Umschlägen. Etwas berieben und fleckig, teils mit Falz, Umschläge mit Rissen, sonst guter Zustand. Die Umschläge mit handschr. Vermerk „Feldpost“, 1x mit Stempel „Feldpost“, 2x mit Regimentsstempel, je mit Absendestempel „Speyer“ und Empfangsstempel „Kempten“.
Es schreibt der Oberleutnant Theodor Keller, welcher dem 12. bayerischen Infanterieregiment angehört, an seine in Kempten lebende Mutter.
Die Briefe datieren auf: 17.5.1870 (Thannhausen), 30.7.1870 (Neu-Ulm), 3x August 1870 (Speyer), 17.3.1871 (Limeil), 16.5.1871 (Boissy Saint-Léger), 18.8.1871 (Boissy St.Léger), Rosenheim 22.8.1871 / Boissy St.Léger 7.9.1871.
Die Stücke sind teils von erheblichem Quellenwert. Besonders der Brief vom 17.3.1871 (welcher 4 Seiten umfasst) ist faszinierend zu lesen.
Einige Zitate:
30.7.1870: „Wir fahren heute Nacht nach Germersheim ab, darum laß mich noch einmal Abschied nehmen ..... Ob ich in den nächsten Tagen schreiben kann, weiß ich nicht; jedenfalls .... [unles.] in kein Gefecht kommen, dann sei ruhig, ich schreibe sobald als möglich. ... Wohin wir gehen, darfst du niemand mittheilen. ...“
Ca. 7.8.1870: „... Noch ist an der Grenze alles ruhig, die Franzosen sollen den Zeitungen nach bei Straßburg stehen, von ihren Kanonenbooten hat man auf dem Rhein noch nichts gesehen. ... Gestern passierten wir an preußischen Truppen vorüber, ich bin ganz entzückt über den herrlichen Zustand, in dem sie sich befinden. Mannschaft, Pferde, Bewaffnung, alles in einem unübertrefflichen Zustand. Die Herren Franzosen haben wahrscheinlich die Zeche ohne den Wirth gemacht. ...“
August 1870: „Ich bin heute in Rosères aux Salines an der Meurthe, 4 Stunden südlich von Nancy, morgen werden wir weiter vorrücken. ... Die Kemptener Jäger sind bei unserer Brigade, ich treffe täglich mit ihnen zusammen. ...“
17.3.1871: „Vorgestern morgen verließen wir Fort Charenton [bei Paris], um nach Limeil, einem Dorfe 3 Stunden südlich von Paris, zu marschieren. Es würde dir unmöglich sein, dir einen Begriff von der Zerstörung, dem Schmutz und Gestanke zu machen, der hier herrscht, die meisten Häuser sind völlig demoliert, alle Thüren und Möbel sind verbrannt, Fensterscheiben eine Seltenheit, die Zimmer nicht selten voll von Koth. Nachdem meine Kompanie einige Tage gearbeitet, sind wir wenigstens des größten Schmutzes herr geworden ....“
Theodors Onkel schreibt am 22.8.1871 aus Rosenheim folgenden abenteuerlichen Schachtelsatz: „Deinen lieben Brief vom 8. d.Mts. samt einem Convolut wahrhaft künstlerischer Photographien von Paris, die, wenn sie nach Verdienst gewürdigt werden, den Beschauer im Zweifel lassen, ob die Kunst zu siegen vermöge über den mächtigen Eindruck, den die schauderhaften Zerstörungen der Commune auf das Gemüth hervorrufen geeignet sind, fand ich am Abend des 16. August auf dem Tische meines Wohnzimmers, allein bis zur Stunde ist es mir noch nicht gelungen, die Persönlichkeit zu ermitteln, der ich die Überbringung zu danken habe. ....“ [den Brief sandte Theodor weiter an seine Mutter und fügte am Ende noch etliche Sätze hinzu].
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