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> Photos
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Jahr: |
1933-1934 |
Bemerkung: |
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ArtikelNr. |
4734 |
E-Mail
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Fotoalbum SA / NSDAP: Spandau, Parteitag Nürnberg 1933, Schloß Hubertushöhe bei Storkow
Photoalbum, quer 8°, Leineneinband, Kordelbindung, 24 kartonstarke Blatt. Enthalten sind 35 private s-w-Abzüge verschiedener Formate (von ca. 5x7cm bis ca. 9x14cm) mit NS-Bezug sowie ca. 23 NS-Kaufbilder bzw. -Ansichtskarten. Dazu kommen ca. 55 private s-w-Abzüge differenter Formate von ca. 1900 bis 1955. Alle Bilder sind montiert, das Album ist nicht beschriftet. Die Kordel fehlt, die Blatt sind lose, Pergaminseiten teils lose, sonst guter Zustand.
Das Album wurde 2009 von einem privaten Militaria-Verkäufer zweifelhafter Vertrauenswürdigkeit erstanden. Die Kordel fehlte, weshalb unklar ist, ob Blätter fehlen oder wie sich die ursprüngliche Anordnung des Fotoalbums gestaltete.
Eine genaue Datierung der Bilder ist nicht möglich. Eine Postkarte zeigt Szenen des Nürnberger Parteitages 1933 – was den einzigen Anhaltspunkt darstellt.
Das Album ist in zwei inhaltliche Blöcke geteilt. Einmal sind Bilder enthalten, die im Zuge der SA- bzw. NSDAP-Mitgliedschaft eines Mannes wohl um 1933-1934 entstanden. Vielleicht war der Mann ein „Amtswalter“. Sein SA-Dienstgrad war nicht zu eruieren.
Der zweite Block enthält belanglose private Photos, wobei der Protagonist nur ca. 7x zu sehen ist.
Etliche Bilder verweisen auf die NSDAP-Zweigstelle Berlin-Spandau. Der Mann gehörte zum Sturm 9, Standarte 14 (9/14 steht auf dem Kragenspiegel). Nun kann die Standarte 14 nach Tiegenhof bei Danzig zu verweisen, wahrscheinlich aber meint sie die „SA-Brigade Berlin West“, Bereich Spandau.
Bemerkenswert ist ein Photo der Fassade der NSDAP-Zentrale Ortsgruppe-Spandau, mit Schaukasten und Spruchparolen. Fassaden dieser Art hat es im Deutschland der 1930er-Jahre zu Tausenden gegeben, jedoch sind Bilder derselben fast nie zu sehen.
Kurios ausserdem einige Bilder vom Treffen höherer NS-Funktionäre beim Schloß Hubertushöhe bei Storkow: SS und SA zeigt sich noch treu vereint – ein Zustand, der bald sein Ende gefunden haben sollte.
Besonders überzeugen dazu die Photos, die auf dem Nürnberger Parteitag von 1933 entstanden.
Die Bilder: 3 Portraits des Protagonisten (2x SA-Uniform), marschierende SA mit Tafel „Bezirksamt Spandau“, Ansichtskarte „Reichsparteitag 1933 in Nürnberg, der Führer spricht zu den Amtswaltern“, Zigaretten-Kaufbild Hitler, 2 Türme, kleiner geschnittene Ansichtskarte „Reichsparteitag in Nürnberg, der grosse Amtswalterappell auf der Zeppelinwiese, 3x Protagonist mit SA-Kameraden in Uniform vor Zug, 2x 9/14-Trupp vor Baracke; 1x marschierende SA mit Swastika-Flagge, 1x kleiner geschnittene Ansichtskarte NSDAP-Ortsgruppe Spandau Wilhelmstadt (mit Spruchtafeln „Wer beim Juden kauft, ist ein Volksverräter / Die Juden sind unser Unglück / Du bist nichts, Dein Volk ist alles); Zelt mit Flaggen („Zelt 1 Kreis 1 220 Mann“, Nürnberg?); 2x Gruppenbilder (Männer teils in Zivil, teils in SA-Uniformen); Reisebus als „Fahrendes Postamt“ wohl bei NSDAP-Parteitag Nürnberg 1933; 3x PGs in Uniformen mit Maßkrügen an Biertisch; Berliner-Löwe aus Blumen am Boden neben Zelt; PGs vor Zelt; 2x SA mit Swastika-Flaggen; SA vor Zelt; SA vor Burg; SA mit Marschgepäck; 2x SA vor Zelt; 12 Kaufbilder des Reichsparteitagsgeländes; 2x AK Nürnberg; 4x AK V.D.A.-Heim Hubertushöhe bei Storkow in der Mark“; 9x SA vor Heim (2x mit SS-Männern), 1x BDM-Mädels.
Das „V.D.A.-Heim Hubertushöhe“ (VDA = Verband der Automobilindustrie) ist heute ein Luxushotel nahe Berlin. Um 1900 wurde es vom Berliner Geldscheindrucker Georg Büxenstein als Jagdschloss errichtet. 1926 ging das Gebäude an den Textilfabrikanten Rudolf Bamberg, 1935 an Reemtsma.
Diese Informationen liessen sich der offiziellen Homepage der „Hotel Schloss Hubertushöhe GmbH“ entnehmen. Dass das Haus in den frühen 1930ern als VDA-Heim diente, wird dort ebensowenig erwähnt, wie die Tatsache, daß sich dort höhere NS-Chargen trafen.
Wahrscheinlich war der Protagonist des Albums ein Amtswalter. Wikipedia schreibt (Stand 1/2010):
Politischer Leiter - in den Anfangsjahren auch „Amtswalter“ genannt - war eine Bezeichnung für „Amtsträger“ der NSDAP. Sie mussten einen Eid auf „den Führer“, Adolf Hitler, leisten. Die Aufgaben der Politischen Leiter, zu denen Funktionsträger der Partei vom Blockleiter bis zum Reichsleiter gehörten, lagen insbesondere in der politischen Überwachung, propagandistischen Ausrichtung und weltanschaulichen Schulung von Teilen der Bevölkerung, die in der NSDAP organisiert gewesen sind. Zunächst ausgebildet in den Reichsführerschulen, sollten sie ab 1937 im Rahmen einer „Führerauslese“ ihre Ausbildung in einem gestaffelten „Erziehungssystem“ absolvieren, die vom Besuch der Adolf-Hitler-Schulen (sechs Jahre), über eine „Bewährung im Lebenskampf“ (sieben Jahre) und dem Besuch der NS-Ordensburgen (vier Jahre) bis zur „Hohen Schule“ angesetzt war. Diese Planung änderte sich indessen im Laufe der Zeit und wurde nur zum Teil umgesetzt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Korps der Politischen Leiter aufgelöst und vom Internationalen Militärischen Gerichtshof als „verbrecherisch“ eingestuft.
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