cassiodor.com


Vivarium | Über uns | Impressum | Datenschutzerklaerung | AGB 
Vivarium > Militaria > 1939-1945 > Feldpost

lappland1944.jpg

Jahr: 1942-1945
Bemerkung:
ArtikelNr. 4732

 

E-Mail

Feldpost Konvolut 1942-1945, Lappland (Kemi), Norwegen. Luftnachrichten-Verbindungstrupp

Konvolut von ca. 75 Feldpostschreiben, zumeist Briefen, aus dem Nachlass einer Familie Alvermann aus Hermannsburg (bei Celle). Es schreibt Sohn Fritz an die Familie und ganz vereinzelt an seinen Bruder Hans-Günther. Die Briefe sind oft mit Umschlägen erhalten, teils in sauberer Handschrift, teils mit Maschine geschrieben. Berieben, sonst guter Zustand.

Der 1922 geborene Fritz wurde im April 1941 zur Luftwaffe eingezogen und diente sicher ab März 1942 in Norwegen, später in Finnland (Lappland), ab ca. März 1944 wieder in Norwegen.
1941 war er eingesetzt bei der Kraftfahrschule des III. Bg. Nachrichten Zug 11 (?) in Hannover. Auch in Norwegen und Finnland diente er wohl zumeist als Kraftfahrer. Weihnachten 1944 gehörte er zum „2.Ln.Verb.Trupp“ (II. Luftwaffennachrichten-Verbindungstrupp), welcher vielleicht bei Trondheim stationiert war.
Mitte 1943 erzählt er, daß er in den letzten Wochen 1000 Kilometer gefahren war. Im Mai 1944 war Fritz „Cheffahrer“ seiner Truppe, selben Jahres wurde er zum Obergefreiten befördert.

Fritz’ Kriegseinsatz bestand aus Wacheschieben, Autoreparatur und Autofahren. Er hatte das Glück, den Krieg zumeist in der Etappe, noch dazu in Norwegen, zu verbringen. Seine Briefe der Jahre 1944 und 1945 sind voller Zerknirschtheit, da ihm bewusst ist, daß die Familie in der Heimat weitaus mehr unter dem Krieg zu leiden hat, als er in Norwegen. Im Oktober 1944 berichtet er, etliche Kilo zugenommen zu haben, im Dezember 1944 verbringt er gar 2 Wochen in einem Erholungsheim.
Dennoch erkrankte Fritz 1945 in Norwegen schwer am Herzen und wurde im Oktober des Jahres gen Deutschland verschifft. Im Ortslazarett XI zu Hamburg-Bergedorf starb er am 20.11.1945.

Stationiert war er:
Anfang 1942: Oslo
1943-1944 (wann?): Finnland.
Frühjahr 1944: Kemi
1945: Trondheim, Mitte 1945: Lazarett Orlandet (?)

Fritz’ Feldpostnummern: L 33912, L 32011, Mitte 1944 09248.


1942:
Fritz, 12 Briefe: Briefe 3.3., 25.3., 31.3., 4.4. (Oslo), 13.4., 23.4., 21.6., 15.7. (auf dem Weg nach Lappland), 27.8., 29.10. (Lappland), 12.11. (Lappland), 24.11. (Lappland).

1943:
Fritz, 12 Schreiben: 1.2., 17.4. (nun im Lazarett in Norwegen wg. Herzfehler o.ä.), 1.5., 6.5., 8.5., 19.5. (auf der Fahrt nach Deutschland, Ziel Zeugamt in Teltow), 3.9., 14.9., 16.10., 28.10., 9.11. (Lappland).

1944:
Fritz, 24 Schreiben (ca. 40% erhaltene Umschläge): 2.4., 4.3, 22.3., 12.5., 18.5., 20.5., 25.5., 4.6., 18.6., 21.6., 9.7., 31.7., 16.8., 19.9., 4.10., 7.10., 19.10., 24.10., 29.10., 8.11., 18.11., 29.11., 5.12., 12.12., 17.12., 27.12. Dazu eine handgemalte Geburtstagskarte „Norwegen 1944“, unterzeichnet von etlichen Kameraden (2 zusammengenähte kartonstarke Blatt à ca. 8x13cm, fleckig).

1945 bis März::
Fritz, 10 Briefe (Umschläge 9x): 5.1., 10.1., 14.1., 22.1., 26.1., 2.2., 8.2., 17.2., 24.2., 4.3., 4.3.

November 1945: 3 Briefe mit Umschlag: 1.11., 12.11., 29.11. (Brief des Chefarztes und Oberfeldarztes Bahr, daß F. am 20.11. gestorben ist). Dazu maschinenschriftliche Durchschriften der von Pastor Gurland gehaltenen Predigt für Fritz, 30.11.1945.

Beiliegend einige Dokumente, die Fritz gehörten:
- Kraftrad-Führerschein von 1939.
- Lehrbrief-Prüfungszeugnis von 1939.
- Ausweis von: „Deutscher Reichsbund für Leibesübungen, 1937.
- Arbeitsbuch, 1941.
- Ausbildungs-Laufkarte des NSFK, Sturm 6/18 über Gleitfliegerprüfung A, 20.6.1941
- Bescheinigung des NSFK, 19.8.1941.

Zitate Fritz:
25.3.1942: „Im letzten Brief, den Papa schrieb, drückte er sich beinahe so aus, als ob ich desertieren wollte; na, damit ist es noch lange hin. Erst wollen wir mal etwas erleben. Was bis jetzt war, war ja doch bloß ‚für die Katz’“.
4.4.1942 aus Oslo: „Hier sind in der letzten Zeit auch sehr viele Truppen hergekommen. Teils über Schweden, wie wir auch, teils mit Schiffen.“
1.2.1943: „Gestern haben wir uns die Rede von Hermann Goering und von Goebbels angehört. Sie haben zwar beide ernste Reden geschwungen, aber meiner Ansicht nach wird dieses wohl die letzte große Kraftanstrengung der Bolschewiken sein. Denen wird es wohl ähnlich so ergehen wie uns im Frühjahr 1918.“
3.9.1943: „Viel Arbeit, wenig Geld. Das Geld wird immer gleich in Zigaretten und Bier umgesetzt. Jeden Tag ein Bier, das dürfte wohl nicht zuviel sein. .. Das Bier, was wir hier kriegen, ist bedeutend besser als in Deutschland, es wird extra für die Wehrmacht hergestellt.“
9.11.1943: „Als gestern Abend der Führer sprach, stand ich gerade auf Posten. Er hat dieses Mal ja wieder kräftig geschimpft. Hoffentlich kommt seine angekündigte Vergeltung bald mal, das die Bevölkerung in der Heimat wieder Ruhe hat.“
20.5.1944: „Nur eine richtige Jazzmusik kann einem in dieser Zeit noch Freude am Dasein geben.“
18.6.1944: „Was sagst du jetzt zur Invasion, da bist du platt. So richtig habe ich garnicht mal daran geglaubt, dass der Tommi überhaupt kommen wuerde. Aber jetzt ist es endlich so weit, dass man mit ihm mal richtig abrechnen kann. Seit Freitag abend ist ja jetzt die Vergeltung im Gange, da wird dem Tommi mal richtig gezeigt, daß wir auch noch da sind.“
31.7.1944: „Aber das [der Krieg IH] wird meiner Ansicht nach auch wohl die längste Zeit gedauert haben, denn zu meinem Geburtstag [25.10 IH] wird dieser ganze Rumba wohl zu Ende sein und wir sind alle wieder zu Hause“.
24.10.1944: „Nach den neuesten Nachrichten sollen die Bolschewisten die Gefangenen ja genauso behandeln wie es die Amerikaner und Engländer machen. Das wurde uns in einer Belehrung gesagt, und wenn man die Russen fragt, die sagen auch so aus. ... Was sonst immer gesagt wurde, ist meiner Ansicht nach nur Propaganda und beruht nur im Geringen auf Wirklichkeit.“
29.10.: „Über eines waren wir uns einig [die Kameraden], dass dieser verrückte Krieg bald aufhören soll, damit wir endlich nach Hause kommen. Aber erst müssen wir gesiegt haben.“
29.11.1944: „Vom 1.-15. Dezember komme ich in ein Luftwaffenerholungsheim. .. Dort werde ich mich mal kurze Zeit vom Dienst erholen, soweit ich überhaupt erholungsbedürftig bin.“
27.12.1944: „Also am Heiligen Abend ist in der Kompanie erst mal eine Feier gewesen. Da hat der Weihnachtsmann uns so allerhand nette Sachen gebracht, zwei Kartons voll Keks, Zigaretten, eine Tabakdose, Zigarettenmaschine, eine Tafel Schokolade und viele andere Sachen mehr. Anschliessend haben wir auf der Stube weiter gefeiert. Der General ist auch noch zu uns gekommen, die Feierei hat am ersten Tag nur bis nachts um drei Uhr gedauert. Am ersten Weihnachtsfeiertage hat es dann abends die fünf Kaninchen gegeben. Daran waren wir mit zwoelf Mann beteiligt. Abends um sechs Uhr war Essen. Anschliessend haben wir einen gehoben, damit sind wir am anderen Morgen um sieben Uhr fertig gewesen. Dann wurde kurz geschlafen, mittag gegessen und weiter gefeiert. Dieses Mal allerdings nur bis nachts um zwoelf. ..... Wie habt Ihr denn nun das Weihnachtsfest gefeiert, hat der Weihnachtsmann euch denn ordentlich was gebracht?“
14.1.1945: „Aus unserer Gegend haben sich allerhand Russen zur Wlassow-Armee gemeldet. Die Armee soll ja schon mehrere Millionen Mann stark sein.“
17.2.1945: „Hat Papa seine Rekrutenausbildung beim Volkssturm hinter sich? Oder wird des Sonntags noch immer kräftig geübt? Da wird er noch mal jung gemacht. Wenn ich das nächste Mal auf Urlaub komme, läuft Papa schon mit dem Ritterkreuz rum. Dann hat er fünf Panzer abgeschossen, Hermann [der ca. 10jährige Bruder des Fritz] reicht ihm die Munition ran.“
24.2.1945: „Vor ein paar Tagen bin ich zum Kino gewesen, es wurde ein Farbfilm gegeben. Der hiess Opfergang, es war ein sehr schönes Stück.“
12.11.1945: „Ich bin ziemlich neugierig, wie es da [in Hermannsburg] jetzt wohl aussieht. Ist Meier noch Bürgermeister? Was ist mit den alten PGs gemacht worden, wie Eggers, Schwarzburg, dem Ortsgruppenleiter usw. ... Ist von euch mal einer nach Belsen hingewesen und hat sich das dort angesehen?“

Weitere Briefschreiber:

21.10.1941: Feldpostkarte des Rittmeister Georg Alvermann an den Vater.
14.2.1942: dito.
7.10.1943: Brief von Bruder Hans-Günther, der an der Ostfront kämpft.
1944: Sterbeanzeige bzgl. Bruder Werner, der im August 1944 im Westen gefallen sein soll (was sich als unwahr herausstellt, denn 1945 ist Werner am Leben).
1945: Brief je der Mutter und des Vaters an den im Lazarett zu Hamburg liegenden Fritz; 2 Briefe des Kameraden Fritz Gau an die Eltern des Fritz, November und Dezember.

Zitate:
Die Mutter schreibt Anfang November 1945 über Hermannsburg: „Werner [der im August 1944 verwundete Bruder des Fritz] wurde beim Einzug der Engländer in unserem Hauskeller noch am Bein verwundet. Es waren wohl ca. 13 Engländer bei uns im Haus, der eine von ihnen schoss sofort in den Keller hinein, ehe vom Keller aus gerufen werden konnte. .... Durch unseren Garten fuhren 6 Panzer, dabei haben sie 6 Obstbäume umgefahren.“
Der kleine Bruder schreibt am 4.11.: „In Hermannsburg sind viele Engländer. Fast jeden Sonntag spielt hier eine englische Mannschaft und eine Hermannsburger Fußball. Bislang haben die Engländer noch immer gewonnen. Das erste mal 12 zu 4 für die Engländer, das zweite 8 zu 4 f.d.E....“

(c) Ingo Hugger  2020 | livre@cassiodor.com