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Jahr: |
1941 |
Bemerkung: |
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ArtikelNr. |
3903 |
E-Mail
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Feldpost und Fotos, Ostfront 1941. Kriegsgefangene, Kannibalismus
Feldpost des Gustav (Gustl) A., Ostfront 1941. 15 Briefe nach München, August bis Dezember 1941. 12x mit Umschlag, gelaufen und gestempel. Feldpost-Briefstempel 40376 D. Dazu 3 Photos, die wahrscheinlich von Gustl stammen.
Der Gebirgsjäger Gustl schreibt an seine Mutter. Wahrscheinlich dient er als Besatzungs- bzw. Etappensoldat bei der Heeresgrupe Nord, wohl in Litauen und Estland. Im August steht Gustav in Wilna, später erwähnt er, daß seine Einheit in Richtung Riga zurückgezogen werden soll. Er war wohl im Oktober zum Dienst in einem provisorischen Kriegsgefangenenlager eingeteilt, denn er berichtet ausführlich von den grausigen und chaotischen Zuständen, die in seinem Lager herrschen.
Gustavs Stimmung verschlechtert sich von Brief u Brief, im Dezember scheint er den Glauben an einen Sieg Deutschlands verloren zu haben.
Unten Auszüge aus den Briefen. Rechtschreibung und Zeichensetzung werden in den folgenden Zitaten unverändert wiedergegeben:
16.9.1941: „Das liebe Päckchen mit dem Schnaps habe ich erhalten, besten Dank dafür. Kann den selben schon gebrauchen, die Russen saufen natürlich auch gerne Schnaps, aber jetzt werden sie sich an ein Wasser gewöhnen müssen. ...“
10.10.1941: „... Das Wetter ist hier schon fast winterlich, heute nacht hat es schon etwas geschneit. Die Zehen rollt es einem ganz schön auf, besonders bei Nacht, wenn man auf Posten steht. ...“
14.10.1941: „...kann die Sachen [die die Mutter geschickt hatte] alle sehr notwendig brauchen. Besonders der Schnaps, den[n] der ist hier sehr wichtig, man braucht unbedingt gegen diesen Geruch und den Bazillen die es hier gibt ein Gegenmittel. Habe mich schon oft beherschen müssen, daß ich mich vorm Rauchen zurück halte. So ab und zu ein Schluck Schnaps ist daher sehr wichtig für die Gesundheit. ... Deine Tempo Taschentücher kann ich auch gut brauchen, den bei dieser Kälte hatt man immer gleich den Katarrh und Husten. ..
Aber er [der Bruder] soll nur schauen daß er hier nicht rüber kommt, denn hier gibt es nichts als Zerstörung und Elend zu sehen. Gestern hatten wir wieder 9 Russen zu erschiesen, die die eigenen Toten und Kranken auffressen und sich das Fleisch braten. Wenn nämlich bei denen einer am sterben ist und ist noch garnicht ganz tot, dann ist er in ein paar Minuten vollständig ausgezogen, da fallen die eigenen Kameraden drüber her und reißen im runter was er am Leibe hat. Dabei erschlagen sich die Kerle damit jeder ein Trum von den Toten erwischt. Aber solche Sachen sind hier an der Tages Ordnung, man möchte es nicht für möglich halten, wenn man es nicht selbst gesehe hatt. Das Gute ist daß wir nicht lange zögern und die Scheusaler gleich übern Haufen schießen dürfen. Wenn das nichts nütz dann fliegt eine Handgranate unter die Bande hinein. Denn ob da im Tag 100 oder 200 und noch mehr hin sind, das macht nichts. So könnte ich noch ein paar Seiten weiter schreiben über diese Kerle, aber ich muß nun Schluß machen, da ich bald wieder auf Wache aufziehen muß. ...“
20.10.1941: „...Wir sollen jetzt einen Transport mit Gefangenen Russen nach Minsk zurück haben und warten nun schon drei Tage auf Eisenbahn Waggon. Es sind das Weißrussen die schon wieder entlassen werden sollen. ... Wäre schon froh wenn dieser Winter vorbei wäre. Denn hier wird es ziemlich schattig werden. ...“
21.10.1941: „... Warten alle Tage auf den Transport nach Minsk, aber die Waggon sind noch nicht eingelaufen. ..“
28.10.1941 (beiliegend eine s-w-Ansichtskarte „Eine Litauerin in ihrem Blumengarten“): ... „Heute haben wir wieder 5000 Russen zum größten Teil Mongolen u. Asiaten bekommen, das sind ganz gefährliche Kerle oft, aber wir werden schon Herr damit. ...“
10.11.1941: „... Leider werden wir auf das Ende des Krieges noch lange warten müssen. Besonders mit den Russen kann es noch lange dauern, da es jetzt so ziemlich schon zum Stellungskrieg übergeht. Es wäre ja auch kein Wunder nicht, kam doch der Winter heuer schon sehr früh und unsere Panzer und sonstigen schweren Waffen können sich in diesem Schnee nicht mehr so fort bewegen. Auch soll ja der Amerikaner wahrscheinlich nicht ausbleiben. Werden also schon noch sehen was noch alles auskommt mit dem verfluchten Krieg. ..“
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