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Jahr: 1918
Bemerkung:
ArtikelNr. 3410

 

E-Mail

Aufruf „Bayerische Nesselstelle“, wohl Juli 1918, „Sammelt Brennesseln! Sie müssen uns die Baumwolle ersetzen“.
Ein Blatt, 21x34cm, lichtverfärbt, Faltfalzen, verso handschriftlich beschrieben. Der Text lautet: „Sammelt Brennesseln! Sie müssen uns die Baumwolle ersetzen. Merkblatt der Bayerischen Nesselstelle. Durch den über 3 Jahre währenden Krieg ist die Ersatzbeschaffung für Baumwolle eine der brennendsten Fragen geworden. Die Brennessel kommt als Ersatz in erster Linie in Betracht; es ist deshalb vor allem die restlose Sammlung ALLER wildwachsenden tauglichen Bestände von größtem vaterländischen Interesse. DIE BRENNESSEL HAT AUFGEHÖRT EIN UNKRAUT ZU SEIN .. Um die Nesselsammlung ... zu fördern und zu organisieren, hat sich auf Veranlassung des Kgl. Bayer. Kriegsministeriums, Kriegsamt, eine BAYERISCHE NESSELSTELLE als Verwaltungsabteilung gebildet und ... wurde eine BAYERISCHE NESSELGESELLSCHAFT M.B.H. in München, Fürstenstraße 22/1 ... gegründet. ... Durch die Bayerische Nesselstelle wird eine Landesorganisation zur restlosen Sammlung der wildwachsenden großen Brennessel ins Leben gerufen. ... Es wird gebeten, wenn Nesselbestände bekannt sind, deren Aberntung im Laufe des Sommers nicht erfolgt ist, dieselben im Schulhaus der betreffenden Gemeinde zu melden oder der oben bezeichneten Stelle Mitteilung zu machen. ....“.
In dem Dokument werden die Preise, die der Staat für abgegebene Brennesselbestände bezahlen wird, genau vermerkt: „Für 100 Kilo völlig trockener, entblätterter Nessetstengel werden Mk. 28.- vergütet. Die Bezahlung erfolgt direkt von der Bayerischen Nesselgesellschaft m.b.H. in München an den Ortsvertrauensmann. Die Herren Vertrauensleute der Ortssammelstellen erhalten eine Vergütung von Mk. 4.- ...“. Die „4“ wurde handschriftlich in roter Farbe durch eine „8“ ersetzt. Oben steht, von Hand in Blei geschrieben: „lesen u. aufheben“. Auf der Rückseite des Dokuments findet sich ein langer Brief, geschrieben am 8.9.1918. Das Blatt wurde mit Bleistift zur Gänze beschrieben, die hastige Sütterlin-Schrift ist jedoch nur schwer zu entziffern. Interessantes Dokument aus der Schreckenszeit des Ersten Weltkrieges. Wohl unfreiwillig komisch wird die Brennessel zu Lösung einer brennenden Frage erklärt.

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