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Jahr: |
1851-1860 |
Bemerkung: |
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ArtikelNr. |
3276 |
E-Mail
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Konvolut von Unterlagen aus dem Nachlass einer Familie Gareis. Thema ist das Gut Niederstraubing (heute zu Steinkirchen im Landkreis Freising gehörend). Die Dokumente lagern in einem Akt, der handschriftlich um 1860 folgend betitelt wurde: „Manualacten des Heinrich Gareis, die von Rauscher’schen Relikten betreffend“.
Die Schriftstücke wurden von Heinrich Gareis aufbewahrt. Dieser war der Bruder eines Franz Gareis, der wiederum mit Josephine geb. von Rauscher verheiratet war. Die Erbschaft der Josephine, primär ein Schloß in Niederstraubing, ist Thema des Aktes. Niederstraubing ist heute ein Ortsteil von 84439 Steinkirchen. Das dort befindliche Schloß, von dem auch ein Wening-Kupferstich existiert, wurde um die Mitte des 19. Jahrhunderts aufgelassen. Letzte Besitzer scheinen die von Rauscher gewesen zu sein. Was also in den Dokumenten bescheiden als „Gut“ tituliert wird, heisst anderswo „Schloß“. Enthalten sind zur Geschichte des Schloßes gesamt 5 Briefe, ein Testament, ein Vertrag und eine Hypethekenbescheinigung, 1851 bis 1860. Dazu enthält der Akt noch die Abschrift eines Testaments der Therese von Proessl, sowohl Wittwe eines Generalmajors der Bayerischen Armee sowie des Directors Ritter von Reichenbach, datiert 1854 und einen Abzug eines Fotos des Portraits der Maria Jopseha Edle Rauscher auf Weeg.
Die Dokumente zumeist in Quart, die Handschriften sind nach gewisser Einarbeitungszeit schön lesbar. Zustand: Allesamt etwas randfalzig, partiell kleine Eselsohren, stockfleckig, partiell kleine Randläsuren, sonst schön erhalten.
1794--------
Portrait der Maria Josepha Edle von Rauscher auf Weeg. Sepiagetonter s-w-Abzug eines Fotostudios „Atelier Elisabeth“ eines Gemäldes der Dame (Bildgrösse 23x30cm, auf Karton montiert, dieser 34x42cm). Hinten mit Text: „Maria Josepha, Edle von Rauscher auf Weeg, Tochter des Johann Georg Fränckl, churfürstl. Bayer. Geheimen Revisions-Secretärs in München und dessen Gatin Maria Katharina, geb. Hofstötter, ... [unles.] Landshut, 18. November 1763 mit Johann Jacob Peter Ritter und Edler von Rauscher auf Weeg, Rezital- [?] Richter am churf. Bayer. Collegienstift St. Martin aus Castl in Landshut, geb. München, 11. März 1744, gest. Landshut, 26. April 1794. Meine Urgrossmutter! Clotilde K.“ (Karton schwach falzig, sonst gut. Nicht abgebildet!).
1851-------------
- Gegenseitiges Testament des Franz Gareis, kgl. Bau-Condukteur zu Deggendorf und dessen Gattin Josephine Gareis, geborene von Rauscher. Deggendorf, den 4.4.1851. Handschriftlicher Entwurf mit Ergänzungen und Korrektionen, ohne Signaturen der Beteiligten, 4 Blatt in 2 Bögen, 4° - kleine Randeinrisse, Falzen. Die Handschrift ist noch ganz dem 18. Jahrhundert verhaftet, dennoch gut lesbar. Geheiratet hat das Paar am 16.7.1850, Josephine war nicht unvermögend. Sie brachte in die Ehe: „Ein Vatergut von 5000 fl dermalen hypothekarisch angelegt auf das ältliche Gut Niederstraubing kg. Landgericht Erding, ein Ersparniß von 500 fl, eine Naturalaussteuer in einem Werthsanschlage von 1500 fl.“ Falls sie vor ihrem Gattin stürbe und kein Nachwuchs vorhanden sei, so solle ihre Mutter, „Anna von Rauscher, geb. von Schiltby, Besitzerin des Gutes Niederstraubing“ 3000 fl erhalten, den Rest der Gatte. Die Mutter solle aber ihrerseits einen Teil des Geldes an die Töchter ihrer Schwester Walburga, „verehelicht an den kgl. Bataillons-Quartiermeister Nobel zu München“ geben. Falls die Mutter schon tot sei, solle ihr Gatte alles erben und dann 3000 fl an die Töchter der Schwester ausbezahlen. Dann werden Details abgehandelt, die das mögliche Erbe des gesamten Erbgutes betreffen. Franz war ebenfalls nicht mittellos, nennt aber außer 300 fl keine Summen. Er verfügt über diverse Legaten und „das Muttergut meiner sel. Mutter Luise Gareis“. Sollte er vor seiner Gattin sterben, so soll sein Vater, der Baurat Jakob Franz Gareis aus Landshut, 1/3 erben.
1853 -----------
- Brief des Franz an Bruder Heinrich, Bayreuth 26.2.1859 (2 Blatt 8°, Faltfalzen, S. 4 verso mit Adresse und Wachsabdruck). Franz bittet den Bruder, sein „Stellvertreter bei der Theilung des Vermögens meiner sel. Schwiegermutter zu sein“. Georg, der Bruder seiner Gattin, wolle das Gut der Eltern übernehmen, könne seine Schwestern aber nicht ausbezahlen. Dazu sei das Gut mit Hypothek belastet. Nun aber sei es so, daß „mein Schwager mein Vertrauen durchaus nicht besitzt“. „Im vorigen Jahr sollte das Gut schon verkauft werden, und waren Angebote gegeben“. Heinrich solle genau aufpassen, was geschehe und Franz‘ und Josephine’s Position gut vertreten.
- Vertrag ad 16.500 fl. Bayreuth, 8.3.1853. Ausfertigung für Josephine Gareis, Civilbaucondukteursgattin. Von einem Mitarbeiter des Landgericht Erding signierte und mit Steuermarke und Stempel versehene Abschrift des Vertrages, 4°, 3 Blatt, Schnurheftung. Es erscheinen Wilhelm Alois Georg von Rauscher „k.b. Oberlieutenant beim II. Chevauxlegers Regiment“ aus Ansbach, Maria Franziska Walburga Nobel, geb. von Rauscher, Ehefrau des Quartiermeisters des 3. Bayerischen Artillerie Regiments Königin sowie der bevollmächtigte Kreis- und Stadtgerichtsrat Heinrich Gareis, Schwager der Josephine. Die beiden Schwestern verkaufen dem Bruder das gerade geerbte Gut in Niederstraubing zu gewissen, einschränkenden Bedingungen, als Kaufpreis werden 16.500 Gulden fixiert. Sollte der Bruder binnen 10 Jahren das Gut seinerseits verkaufen, so habe der gewisse Summen an die Schwestern auszubezahlen. Dazu noch eine weitere, wohl private Abschrift des Vertrages.
- Abschrift einer Festsetzung des Hypothekaramt des Landgerichts Erding, datiert 10.3.1853 84°, 2 Blatt, mit Stempel). Das Amt beschließt: „Es seien die Dominikalrenten des Landgutes Niederstraubing aus dem Hypotheken... [?] abzuschreiben“. Dazu seien als Sicherheit 2000 Gulden den Kirchen Steinkirchen und Amelgering [?] „in deposito zu belassen“. Alle Schuldner hätten „die Entlastung der ihnen gestundeten Dominikalrenten ... genehmigt“ Die einzelnen Vertragspunkte werden genau begründet.
1854------------
- Brief des Franz Gareis an seinen Bruder, Bayreuth, den 10.2.1854 (8°, 1 Blatt, ohne Umschlag, Randläsuren). „ Lieber Bruder, anliegend empfängst du die Quittung über die Zustellung der brillanten Erbschaft, wofür ich nebst Frau dir vielmals danke“, schreibt er anfangs. Dann fordert er die Beantwortung zweier Briefe. Am Ende wird es vergnüglich: „In meiner Familie befindet sich dermalen alles gesund und wir nehmen dahier auch schon ziemlich Antheil an den Carnevalsvergnügungen; so bin ich denn auch heute im Zustande eines präsidentenballenischen Katzenjammers“.
- Brief des Vetters Nobel an den Franz, datiert 1.9.1854 (8°, 1 Blatt, ohne Umschlag, Randläsur). Nobel bedankt sich höflichst für Brief und Engagement des Franz.
- Abschrift eines Testaments der Therese von Proessl „Generalmajorswittwe vormals kgl. Director Wittwe von Reichenbach, geborene Sting“ aus Mannheim, datiert 31.8.1854 (4°, 7 Blatt wovon 5 beschrieben – stockfleckig, Eselsohren). Das Testament besteht im Ganzen aus 25 Paragraphen, was nicht verwundert, da das Vermögen der kinderlosen Dame mindestens 30.000 Gulden umfasst. Die Frau will durch ihr Vermögen nach Ableben eine Wittwen- und Waisenstiftung eröffnen, die dann „Therese von Prößl Stiftung“ heißen und von der Stadt München verwaltet werden soll. Alles Geld, was übrig bleibe, solle in die Stiftung fliessen. Dazu vermacht sie der Stieftochter, der Schwägerin und weiteren Verwandten sowie anderen Menschen gewisse Summen bzw. Leibrenten. Enkel Carl Ritter von Mayen, „Sohn meiner Stieftochter Anna von Mayen, geborene von Reichenbach“ erhält mit 6.300 Gulden den größten Batzen (dazu hatte er schon früher „meine Brillant-Ohrgehänge“ und einen „ächten Cashmir Schaal“ erhalten, beides Geschenke ihres 1. Gatten, der Ritter von Reichenbach. Franz und Heinrich Gareis erhalten dabei jeder 500 Gulden. Die Zahl der zu Beschenkenden ist so groß, daß für die Stiftung wohl nicht mehr viel übrig blieb. Das Tesdtament scheint dem Gareis erst 1857 zugegangen zu sein, oder die Abschrift wurde erst in dem Jahr erstellt.
1859 -------------------
- Brief des Franz an Heinrich, Forchheim 10.9.1959 (2 Blatt, kein Umschlag). Franz beklagt, schon lange nicht mehr vom Bruder gehört zu haben und erzählt denn von Schwager Georg. Dieser habe seiner Frau kürzlich aus Niederstraubing geschrieben. Der Brief gebe Zeugnis „von der traurigsten Geistesverwirrtheit als nicht minder von dem glühendsten Hasse“. „Letzterer erhielt namentlich ... Nahrung dadurch, daß G. vor ein Paar Jahren den Guthsverkauf vereinbart, ohne die Kaufsumme bekannt zu geben und mit dem Offerte einer Abfindungssumme von 2000 fl, während während meine Frau sich nicht unter 3000 fl vergleichen wollte, worauf der Verkauf unterblieb“. Nun will Georg erneut verkaufen und nur 1000 Gulden ausbezahlen an Josephine. Georg sei aber sehr bösartig und man traue ihm gar „eine Gewaltthat an seiner Schwester“ zu. Dazu gebe es Unsicherheiten bzgl. der Hypothek. Was denn der Bruder von den Dingen halte?
- Teil eines Briefes des Franz an Heinrich, Thema wieder das Erbe der Gattin (gleiche Handschrift wie oben, gleiche Feder, ohne Paginierung, 4°, 1 Blatt, Läsur). H. habe ja damals geraten, was man hätte tun sollen, doch hat sich die Gattin dazu nicht entschieden, „denn ist es unter Geschwistern immer eine leidige Sache, einen Prozeß zu beginnen“, dann weitere Interna zum Rechtsfall. Heinrich solle den Geisteszustand des Georg nicht publik machen.
1860 ------------
- Brief der Josephine Gareis an den Schwager Heinrich, sowie Brief des Franz an Bruder Heinrich, Forchheim, 23.1.1860 (4°, 2 Blatt). Das Schriftstück besteht aus 4 Seiten auf einem Bogen Papier, 1 ½ Seiten sind von Josephine, 2 ½ Seiten von Franz an den Heinrich Gareis geschrieben. Josephine bittet um Hilfe, um vom Erbe zu retten, was noch zu retten ist. Franz schreibt eher Privates.
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