Vivarium
> Deutschland 1933-1945
> Dokumente
|
Jahr: |
1943-1951 |
Bemerkung: |
|
ArtikelNr. |
2676 |
E-Mail
|
Aktenordner mit Briefnachlass 1943-1951 des Nazi-Gegners Ludwig Weiss, geb. 2.4.1900, der zumindest ab 1943 bei der deutschen Zivilverwaltung von Norwegen arbeitete, 1945 und 1946 in einem Internierungslager in Norwegen inhaftiert war und denn wieder ins heimische München zurückkehrte.
Spannend an dem Bestand die Informationen zum deutschen Besatzungsregime im Norwegen des Zweiten Weltkrieges.
Der Akt umfasst Schriftstücke der Jahre 1943-1951, mit Schwergewicht auf den Jahren 1947-1949. W. hat alle Briefe, die er in der Zeit erhielt, in den Ordner alphabetisch nach Kontaktperson abgelegt. Ebenso finden sich Durchschläge der Schreiben, die von ihm selber verschickt wurden. Zumeist sind die Briefumschläge mit archiviert, oft mit interessanten Stempeln und Briefmarken (Norwegen-Deutschland/US-Zone). Alle Unterlagen sind abgeheftet und deswegen mt 2 Löchern versehen, ansonsten in gutem Zustand. Ca. 90% der Briefe wurden mit der Schreibmaschine geschrieben.
Im Ganzen sind ca. 25 Briefe an W. und mehr als 30 Durchschläge seiner eigenen Briefe in dem Ordner enthalten (aus/nach Norwegen: 8 Umschläge [sei es an W. aus Deutschland ans norwegische Internierungslager, sei später es an ihn aus Norwegen von dortigen Bekannten], 5 Briefe, 2 Weltkriegs-Feldpostschreiben, 1 Weltkriegs-Feldpostkarte; von Schweden: 3 Briefe mit Umschlägen; von Österreich: 12 Umschläge und 7 Briefe; von Deutschland: 12 Umschläge, 8 Briefe, 4 Postkarten).
Weiss arbeitete während des Krieges beim Reichskommissar in Tromsö. In einem Brief spricht er davon, vom Innenministerium (wohl als Mitarbeiter des Bayerischen Versorgungsverbandes) nach Tromsö versetzt worden zu sein. Als Soldat scheint er nicht gedient zu haben.
Manche Interna zur den ehemaligen Mitarbeitern der Verwaltung sind höchst interessant, da Weiss als (wie er und seine Briefpartner oftmals betonen) Anti-Nazi kein Blatt vor den Mund nimmt, seine Freunde nicht durch NS-Gesinnung auffallen und ebenso offen und kritisch wie er die Meinung schreiben. W. hatte Kontakt zu einem Bischof Wempler (Wember?) in Tromsö, 2 Briefe (nebst Umschlägen) des apostolischen Präfekts sind enthalten. Bereits im Februar 1947 schreibt ihm seine ehemalige Gastfamilie aus Tromsö, hier scheint eher Freundschaft als Feindschaft geherrscht zu haben. Schön eine Kriegsgefangenenpostkarte von der französischen Zone (Lindau) nach Norwegen (Trögstad-Fort, Beamten-Internierungslager) und eine Rotkreuzmitteilung an den inhaftierten W. daselbst, sowie etliche Briefe und Umschläge, die den gleichen Weg gingen. Ein längerer Brief erzählt von den Zuständen in einem norwegischen Kriegsgefangenen- oder Internierungslager, das vom deutschen Briefpartner „Schwarzenborn“ gennannt wird.

Schön etliche Seiten Lebenslauf der Frankfurter Seiltänzerin Camilla Mayer-Schau mit Blankoblatt mit Briefkopf. Etliche Blatt erzählen von der Sezession Münchener Lichtbildner e.V., denen W. angehörte. Bemerkenswert letztlich ein Feldpostbrief (nebst Umschlag) von Le Mans nach Tromsö, in dem ein Freund W.’s krakelig mit der linken Hand schreibt, da er einen Granatsplitter bei Caen „verplettet bekommen“ hatte, vom 25.7.1944. Vorne im Ordner einige Blatt Rechnungen (Photoapparate etc., Porzellan) und ein schönes Blatt Werbung der Paulaner-Brauerei für Salvator-Beir, dat. 1956. Am Ende des Ordners eine Landkarte „Deutschland mit Besatzungszonen und Postleitgebieten“, Vlg. Scheswig, Berlin 1946.
(c) Ingo Hugger 2020 |
livre@cassiodor.com