Vivarium
> Militaria
> 1870-1871
|
Jahr: |
1866-1871 |
Bemerkung: |
|
ArtikelNr. |
136 |
E-Mail
|
Mehler, Carl: Feldbriefe. Herausgegeben von Max Mehler. Privatdruck, Aachen 1910. Gr.8°, Leinwandeinband, 3 montierte s-w-Fotos mit Portraits Mehlers, 2 aufklappbare Karten (Druck nach handgezeichneter und colorierter Vorlage), ca. 150 Seiten. Zustand: Buch etwas gewölbt, Gelenke geringst angeplatzt, eine Karte mit Einriss (ca. 3cm), sonst sehr schön. 2. Blatt mit handschriftlichem Besitzervermerk in Blei: „Liene Halberstädt geb. Mehler. Meines Vaters Feldpostbriefe“.
Die Quelle ist sowohl für die Geschichte der Kampfhandlungen und der im Text erwähnten Einheiten, als auch für die Industriegeschichte Aachens von höchster Bedeutung. 27 abgedruckte Briefe schrieb Mehler vom Feldzug 1866 (46 Seiten), 40 Briefe vom Feldzug 1870/71 (100 Seiten). Am Ende sind 2 Jugendbriefe abgedruckt (4 Seiten). Die Briefe erzählen sowohl von den Feldzügen, bringen aber auch Interna der Fabrik Nolten & Mehler.
Das Buch war nie im Handel, und wurde nur in einer sehr kleinen Auflage gedruckt. Der Autor war Teilhaber der Maschinenbau-Fabrik Nolten & Mehler (wohl) in Aachen. Das Vorwort lautet: „Einer Anregung meiner Mutter folgend, habe ich die Briefe Vaters aus den ruhmreichen Feldzügen 1866 und 1870/71 sowie zwei Jugendbriefe aus dem Jahre 1857 drucken lassen, damit jedes der Kinder die Briefe in Händen hat [.....]. Aachen, Weihnachten 1910, Max Mehler“.
Carl Mehler stammte aus Aachen und machte 1857 sein Examen. Im selben Jahr reiste er zu Verwandten nach Fulda, um die „Bergwissenschaft“ zu studieren. In einem Brief 1857 spricht er aber auch davon, Maschinenbau zu studieren und hernach in einer Fabrik in Aachen zu arbeiten. Vom 1.10.1863 bis zum 1.10.1864 diente er beim 2. Rheinischen Infanterie-Regiment Nr. 28 in Aachen. Am 29.10.1864 wurde er zum überzähligen Unteroffizier ernannt. 1866 wurde er bei der Mobilmachung zum 1. Rhein. IR Nr. 25 nach Sonderburg (Schleswig) eingezogen. Die 27 Briefe wurden verfasst in Sonderburg, Harburg, Bollstedt bei Mühlhausen/Thüringen, Mackenzell bei Fulda, Schönau a.d. fränkischen Saale, Kleinostheim bei Aschaffenburg, Wörth am Main, Uettingen bei Würzburg, Zellingen, Lohr, Roßbach, Fulda, Frankfurt, Walluf, Caub bei Bingen, Oberwallmenach und Dahlheim. Die schöne farbige Karte „Übersichtsskizze für die Märsche und Gefechte des I. Rhein. Inf. Regts. No. 25 im Feldzuge 1866“ (aufgeklappt 52x40cm) zeigt anschaulich den Verlauf des Marsches.
Der erste Brief vom Krieg gegen Frankreich datiert auf den 22.7.1870. Mehler dient im 8. Rhein. IR Nr. 70 als Vizefeldwebel der Reserve. Er scheint in der Firma Nolten & Mehler eine leitende Position inne zu haben (wohl als Gründer einen Direktorenposten). Die Firma war wohl im produzierenden Maschinenbaugewerbe tätig (Lokomotiven? Werkzeugmaschinen?). 1870 wird er zum Leutnant der Landwehr ernannt. Bis September 1870 ist sein Regiment als Festungsbesatzung in Saarlouis stationiert, danach geht es nach Frankreich. An der Belagerung von Metz nimmt Mehlers Einheit teil, dann am langen Vormarsch durch Frankreich (über Reims und Amiens bis Rouen, dann St. Quentin – hierzu die aufklappbare Karte, Größe 34x52cm). Der letzte Brief datiert vom 28.2.1871. Die Briefe aus dem Krieg sind überwiegend an seinen Freund und Angestellten (wohl Prokuristen) Johann gerichtet (ca. 1/5 der Texte beziehen sich dabei auf Interna der Firma).
(c) Ingo Hugger 2020 |
livre@cassiodor.com